Alles klar, watt mutt datt mutt! So fange ich den 463 Seiten starken Schinken an zu lesen, der elegant in rot eingebunden und mit Jack Daniels Flasche bedruckt daherkommt.
Zu den einzelnen Kapiteln erzählt jeder der Jungs seine jeweilige Erinnerung - Mick Mars,git - Vince Neil,voc - Tommy Lee,dr - und Nikki Sixx, b. Manchmal dürfen auch andere betroffene oder geschädigte ihren Senf dazugeben, wie zum Beispiel Manager, Ersatzsänger oder irgendwelche Frauen.
Die ganze Sache ist schon ziemlich geschickt aufgemacht worden, denn die einzelnen Geschichten sind sich zwar ähnlich, aber nie genau gleich, so dass man glatt glauben könnte, die ganzen Erzählungen wären alle ehrlich. Außerdem wird es dann auch nicht langweilig, wenn man die selbe Erinnerung zwei Mal lesen muss.
Die ersten 70 Seiten sind nichts weiter als beschissene Kindheitserinnerungen! Hier alles kacke, da Mama böse, da Papa weg. Heul, jammer. Am schlimmsten hat es wohl Frank Ferrano alias Nikki Sixx erwischt. Er ist immer verprügelt worden, musste tausend Mal umziehen und war schon als kleiner Kacker auf dem sicheren Weg zum ganz fiesen Fixer, was er dann ja auch geworden ist! Das ist wohl auch der Grund, warum nicht mal Tommy ihm in Sachen Arschlochfaktor und Gottcoolnes das Wasser reichen kann. Ich wusste es ja irgendwie schon immer...
Mick Mars ist einige Jährchen älter als die anderen drei, und deswegen wesentlich reservierter und etwas überlegter. Außerdem war er wohl schon immer so nett und hilfsbereit, dass er immer fies ausgenutzt wurde. Selber schuld. Hielt ihn aber auch nicht davon ab, Hardcore-Alkoholiker zu werden und viele, viele Jahre zu bleiben (Weil er jescheit is?).
Jedenfalls fanden alle irgendwie im Hexenkessel L.A. im zarten Alter von rund zwanzig Jahren zusammen und waren die typischen Vollasis: Saufen, kiffen und zusammen in einer heruntergekommenen Hütte wohnen. So in der endsiebzigern war das ja entsprechend schlimmer als heutzutage. Irgendwie zum Musikmachen gekommen und ein paar Scheißbands gehabt (gähn!). Dann hat es Nikki mit LONDON zum ersten Mal gepackt, irgendwas auf die Reihe zu kriegen.
DANN FÄNGT DAS BUCH ERST AN, RICHTIG GUT ZU WERDEN!
Die vier Mötleys ziehen rum, ficken, ballern sich mit allem zu, was sie finden können und spielen nebenbei in kleinen Clubs. So was wie das Troubadour, das Roxy oder das Whisky A Go-Go, was man von Geschichten anderer Glam-Metal-Bands ebenfalls kennt, und wo auch Guns N´ Roses später anfangen sollten, es Mötley Crüe nachzutun...
Am coolsten sind natürlich die Fickanekdoten, wie sie die ersten Groupies rumreichen, sie mit Weinflaschen bearbeiten und dabei beklauen um von dem Geld mehr Drogen zu kaufen. Meine Herren, Daumen hoch.
Seite 105 beginnt mit Vinces Worten: "Es war der Tag, an dem New Wave starb und Rock ´n´ Roll den Sieg davon trug. Der 29. Mai 1983, der zweite Tag des dreitägigen US-Festivals...Ozzy, Judas Priest, Scorpions und Van Halen spielten vor mehr als dreihunderttausend Kids. Genau wir wir!...Oben im Hubschrauber, mit einer Pulle Jack Daniels in der linken, einer Tüte Pillen in der Rechten und einem blonden Kopf, der sich zwischen meinen Beinen auf und ab bewegte, fühlte ich mich wie der König der Welt..."
Danach bumst er die Frau von seinem Manager.
Ein anderes Kapitel beginnt mit Nikki´s Worten: " Was den Spaß anging, war es der Anfang vom Ende: Unbegrenzt viel Kokain...Die Mädchen kamen reihenweise ins Studio und ließen sich ficken. Am Mischpult mit Mikrofonen, in der Küche mit Flaschen und in der Abstellkammer mit Besenstielen, weil wir langsam nicht mehr wussten, was wir noch mit ihnen machen sollten...Später wurde ich durch Kokain paranoid und zog mich immer mehr in mich zurück..."
Die Sache mit dem Kajal fing so an, dass die Jungs das Glam-Image mittlerweile Scheiße fanden, weil es jede Sau kopierte, und zur Tour zu "Shout at the Devil" anders daherkommen wollten. Weil sie damals in ihrer Bruchbude immer "Mad Max" und "Die Klapperschlange" gesehen hatten, pinselten sie sich ebenfalls einen Strich Kajal unter die Augen. In irgendeinem Club begegnet Nikki so aussehend einem wohl ebenfalls breiten Joe Perry von Aerosmith.
Nikki erzählt: "Joe fand das cool, und das reichte mir als Bestätigung. Von da an trug ich nietenbeschlagene Schulterstücke und Kriegsbemalung wie die Benzinpiraten in Mad Max 2. Später ließ ich mir hohe Lederstiefel schneidern, die in den Absätzen Hohlräume hatten, aus denen Rauch quoll, wenn ich einen Knopf drückte...wir hielten uns für die bösesten Geschöpfe auf Gottes Erdboden. Niemand trieb es so oft und so wild wie wir, und niemand kam so unbehelligt mit diesem Benehmen davon. Wir hatten keinerlei Konkurrenz. Je kaputter wir waren, desto großartiger fanden uns die Leute, und desto mehr bekamen wir von dem, was uns noch kaputter machte. Radiosender versorgten uns mit Groupies, vom Management bekamen wir Drogen. Jeder, den wir trafen, schien gern dafür zu sorgen, dass wir ständig völlig weggetreten waren..."
Nikki vögelt sogar Tommys Freundin namens Honey, die sich später sogar mit Tommy verlobt. Allerdings streitet das Paar fortwährend so heftig, dass ihr Tommy sogar mal ein paar Zähne ausschlägt. Wahrschenlich natürlich alles hackebreit, wie alles im Leben der vier Überhelden.
Dann auf Tour prügeln sich die Jungs mit den Typen von AC/DC, kriegen Platin fürs Album und überhaupt alles, was sie wollen. Und zum ersten Mal werden sie vor Abhängigkeit gewarnt, übrigens von Demie Moore. Ach watt, Unfug...
Dann fing zumindest erst mal Nikki an zu fixen. Er erzählt, wie er sich sämtliche Träume erfüllt hat, und sich fragt, was nach dem Riesenerfolg und der Riesenorgie noch kommen könnte. Und er kommt auf die prächtige Idee: Na klar, eine noch viel größere Orgie. Und los ging´s...
Vince fährt im Vollrausch den Hanoi-Sänger kaputt, nebenbei gehen alle Freundschaften und Partnerschaften kaputt und weichen den Drogenfreundschaften und die Band ist sich selber auch schon lange nicht mehr richtig grün. Die Jungs haben somit alles, und gleichzeitig nichts...
Vince musste nüchtern bleiben und sich so den ganzen Druppi-Scheiß seiner Band angucken, bis er wieder rückfällig und schlimmer drauf als vorher war. Nikki ist so fertig, dass er sich von einem Dealer einen Schuß setzen lässt und um ein Haar dran krepiert wäre. Tommy fängt an, Filmstars zu vögeln, in diesem Fall Heather Locklear, und Mick zieht sich komplett zurück, und keiner weiß, dass er nichts anderes macht als saufen. Vom Frühstückskorn bis zum Umfallwhiskey.
Ein Kapitel trägt die Überschrift: "Zu unseren besten Freunden zählen die Drogendealer."
Nebenbei werden natürlich Riesenkonzerte gegeben, das Rockstardasein perfektioniert und immer mehr Scheißsongs geschrieben, weil ständiges Drauf sein nicht gerade die Kreativität fördert.
Zwischendurch werden einige Seiten dazu verschwendet, noch mehr bescheuerte Kindheitstraumata durchzukauen, womit versucht wird, das Verhalten und die Drogensucht zu erklären oder gar zu entschuldigen. Gähn.
Die Girls, Girls, Girls-Tour wurde von unzähligen Drogendealern begleitet, wovon einer immer in einem ausgefallenen Excalibur-Modell vorfuhr, auf dessen Nummernschild DEALER stand. Der Typ artig mit Goldkettchen und Rolex behangen, und im Schlepptau Vorzeigemiezen.
Tommy: "Wir hatten einen riesigen Privatjet, Geld ohne Ende und konnten machen, was uns in unsere blöden Köpfe kam. Die Tour zu Girls war die verrückteste Zeit meines Lebens, oder jedenfalls vermute ich das, denn ich kann mich an nur wenige Einzelheiten erinnern, sondern nur an eine verschwommene Kette völlig irrer Ereignisse...Jeder Tag war geprägt vom ständig neuen Kampf zwischen einer Band auf Zerstörungskurs und einer Plattenfirma, die verzweifelt versuchte, ihre Musiker unter Kontrolle zu halten. Und auch wenn wir einige dieser Schlachten gewannen - den Krieg verloren wir. Es war die letzt Tour dieser Art für uns, auf der die Tage nach folgendem Muster abliefen:
- Kurzfassung-
18 Uhr aufstehen, kotzen, Interviews, geile Party.
20 Uhr Ankunft in der Halle, saufen oder koksen
21.30 Uhr Showtime, während Schlagzeug-/Gitarrensolo knallt man sich die Birne weg
23 Uhr Ende, Wodka, Sauerstoffmaske, "menschliches Entertainment",
Dealer treffen, ficken.
Auf zum Flughafen. Kokain, Wodka, Halcoin-Beruhigungsmittel, Striplokal, Eightballs...
9 Uhr Hotel, Koma bis 18 Uhr, dann wecken und von vorne..."
Na ja, jedenfalls erinnern die Erzählungen doch irgendwie ganz stark an die Knochenfabrik-Touren, da weiß auch keiner mehr was von. Egal.
Nach gut 250 Seiten, und einer guten Hand voll netter Anekdoten, fängt das Buch leicht an zu nerven, weil es in erster Linie nur noch darum geht, wer gerade welchen bösen Dämonen in sich trägt, wer sich mit wem prügelt, wer gerade welche Probleme hat und wer die Band verlassen will. Trotz des immer noch unbeschreiblichen Erfolges, zerfressen Egotrips und Drogen alles, was mit der Band zu tun hat. Nebenbei kommt der ein oder andere mal in den Knast, mal länger, man kürzer, um sich dann ein besseres Leben vorzunehemen und es dann doch nicht zu schaffen.
Mittlerweile sind die Crües schon einige Jährchen erfolgreich, Guns N´ Roses werden berühmt und Vince und Axl liefern sich in der Presse fiese Schlammschlachten. Ego gegen Ego.
Dann geht Mötley Crüe als Band geschlossen in den Entzug, um bei der nächsten Tour klar im Kopf zu sein und sich permanent zu langweilen. Toll, das will man lesen, gähn. Joggen, Mineralwasser, Gespräche.
Erstmal läuft alles gut, aber dann verkrachen sich die Jungs fieser als je zuvor mit der ganzen Welt, dann noch untereinander und zum Schluß fliegt Vince als Sänger raus.
Das einzige, was da noch berührt, ist, wie Vince seine Tochter verliert, die Krebs gehabt hatte.
Streit hier, Beziehungskrise da, das Buch wird immer zäher zu lesen. Dann kriegen die Jungs plötzlich mit: Ach joh, wir sind ja alle auch noch Väter. Heul und Schluchz. Jeder will ein prima Daddy sein, aber die Mamis lassen das nicht zu. Klage hier, Klage da, Gerichtstermin. Verfluchte Scheiße, das interessiert mich einen Dreck!!!!
Ich will Rockstargeschichten lesen, und nicht so blöde Heulereien wegen irgendwelcher Scheißnutten, in die sich die Jungs mal in ihren benebelten Gehirnen verliebt haben! Verflucht!
Dann wälzt Tommy in epischer Breite die Geschichte mit Pamela Anderson aus, und das er doch die Kinder liebt, heul heul.
Nebenbei hält der Grunge Einzug, und keine Sau braucht ein weiteres Mötley Crüe-Album. Die Jungs springen auf den Trendzug auf, und siehe da, welche Überraschung, aus den Stadien werden Hallen, und aus den Hallen werden Clubs, in denen unsere einstigen Helden vor fünfzig Mann spielen. Toll. Echt toll.
Dann doch wieder eine peinliche Reunion-Tour mit Vince, wo sich zwar Nikki und Vince wieder anfreunden, aber Tommy in einem eigenen Bus hinterherfährt, damit er die Scheiß Fresse von Vince nicht sehen muss. Dann der Krach, das war´s für ZWANZIG JAHRE MÖTLEY CRÜE!
Ohne Tommy gab es ja dann noch das New Tattoo-Album, das laut Nikki endlich wieder ohne interne Spannungen aufgenommen wurde. Somit wären wir auch schon in der Neuzeit, wo wirklich kein Schwein Mötley Crüe noch braucht.
Ich bin mir ja immer noch nicht sicher, ob ich dem Frank zustimmen soll, das Mötley Crüe wirklich nicht einen einzigen Hit hatten. Na ja, für die Zeit damals waren das bestimmt DIE Burner! Wenn man das so heute hört, dann brennen die ja wirklich noch nicht einmal ein Loch in die Tischdecke.
Am Schluß des Buches trifft Tommy nach einem Jahr Funkstille Nikki wieder, weil ihre beiden Söhne in der gleichen Klasse zur Schule gehen. Ach Gottchen, wie Romantisch.
Na gut, Riesenbuch, Riesengeschichte, da sieht man das alles wieder mit anderen Augen. Zu Anfangs langweilig, in der Mitte ziemlich cool, gegen Ende immer zäher. Anfangs waren in der Reihenfolge die Drogen, die Frauen, die Band wichtig. Jetzt sind es offiziell die Familie, die Band und andere Beschäftigungen wie Autorennen fahren. In Wirklichkeit könnten das aber auch Heroin, Bewährungshelfer, Alkohol, Steuerberater und fremde Frauen sein.
Wen interessiert das?
Nur ein Buch, mit dem ein paar abgehalfterte Rockstars, die ihre Millionen sinnlos verballert haben, einen schnellen Dollar machen wollen. Um irgendwas abzubezahlen. Ihre Villen oder so.
Trotz allem bleibt Nikki das absolut coolste Arschloch der Welt, und ich feier auch weiterhin jeden Bericht ab, in dem Tommy als Hurensohn betitelt wird, weil er wieder irgendwelche Schauspieler-Schlampen gebumst hat! Gut so, Tommy.
Abschließen will ich mit einem Stück Text, mit dem das Buch ebenfalls aufhört. Und das bemerkenswerte daran ist: So eine Scheiße haben sich hunderte von Bands aus den Fingern gesogen, aber bei Mötley Crüe beschreibt das die Wahrheit:
SPENT A MILLION DOLLARS ON AMPHETAMINES,
CRASHED A LOT OF CARS,
FUCKED ALL THE STUPID STARS IN HOLLYWOOD,
BECAUSE I COULD, BECAUSE WE COULD!
Ja, sag ich doch. Prost.
The Kollege